Montag, 7. Mai 2012

Evergreen


Ohrenbetäubende Quietschgeräusche, die der Zug beim Einfahren machte, verhingen selbst vom Haupteingang aus die Nervosität die vor einiger Zeit transparent und gasförmig im Raum hing, jetzt aber meine Knie mit dicken Stahlseilen an den Boden zu ziehen schien. Die Unsicherheit, die ich ihm gegenüber nun das erste Mal empfand äußerte sich mit schmalem Atem, der mir an diesem heißen Sommertag zu schaffen machte. Meine Beine beruhigten sich nicht und das Zittern in meiner Stimme verschwand erst nach einigen Stunden. Die Stimmung, die ich mir zuvor frühlingshaft, wie rosarot vorstellte, war gedrückt. Es war schwer, sich eingestehen zu müssen, dass man sich nur mochte, dass der andere schön, aber nicht der Schönste war.

Schwäne, die ihre Köpfe im Wasser zu verstecken scheinen wollten, zogen Linien im Wasser, die krakelige Kreise meiner geworfenen Steine durchquerten. Stockenden, die vom Ufer abzubröckeln drohten, erweckten bei jedem weiteren Schritt den Eindruck, nachgeben zu wollen. Weil riesige Gebäude unendlich lange Schatten warfen, wurde die Luft kühler, die Stimmung kalt. Ich traute mich nicht, meine Brille zu tragen und fragte mich somit, ob der Schatten den ich auf einem der weiter entfernten Hochhäuser entdeckte, der einer Katze sein konnte. Selbst die schweren Mauern, auf denen ich früher im Sommer immer saß, schrien nun vor Leere, Kälte und Bedeutungslosigkeit.

Als meine Beine sicher genug auf dem Boden zu stehen schienen, stütze ich die Ellbogen auf meine Knie und ließ mich in meine offenen Hände fallen. Meine Handballen, die ich nun fest in meine Augenhöhlen drückte, während meine Fingerspitzen auf meiner Stirn ruhten, füllten die Dunkelheit mit kleinen glitzernden Feuerwerken, die von nun an hinter meinen Lidern aufleuchteten. Als ich meinen Augen die Möglichkeit gab, sich zu erholen, füllten sie sich mit aufkommenden Tränen, die ich zu rechtfertigen versuchte. Ich gab den noch immer nicht ganz verschwunden Fackeln, die unruhig in meinem Sichtfeld loderten die Schuld, denn ich wollte mir nicht eingestehen, wie leichtsinnig ich gedacht hatte.


Nachdem viel geschah, wir kein großes Interesse aneinander zeigten, überraschte das Wiedersehen, dass märchenhaft verlief. Seine Hände hielten meine, was so fiktiv schien, dass neben dem Herzrasen und dem herumschwirren von nach Antwort suchenden Fragen selbst die Schmetterlinge in meinem Bauch kurz aussetzten. Ich hatte mir gewünscht, der Augenblick hätte ewig anhalten können.

Aus Angst vor einem vergleichbaren Abschied, einer ähnlichen Niederlage und einem zerrütendem Ende, versuchte ich Gedanken und Empfindungen aufzugeben und zurückzulassen, was mir von Stunde zu Stunde schwerer viel. Mich quälte die Unentschlossenheit, mit der ich zu mögen versuchte. Zweifel, die mir fraglich auf den Schultern lagen, als hätten sie geplant, mich unter ihrem Gewicht zu erdrücken, ließen letzte Hoffnungsfetzen ins Fegefeuer fallen, ohne sie eines letzten Blickes zu würdigen.

Schwache Spitzen von feinen Degen schienen unendlich tiefe Löcher in das Selbst- und Fremdbild Zweier Personen zu stechen, die durch Blicke in Sekunden heilbar wurden. Die Affinität, die der zurückgekehrten Interesse am Anderen folgte, konkurrierte der Skepsis, die anschließend sinkend mit der Angst vor Enttäuschung starb.


Menschen kommen und gehen, Menschen sind wie Lieder.
Die einen bleiben Evergreens, und andere kommen nie wieder.
Ob schlechte Kopie oder Instrumental is' egal,
denn gut gemacht ist längst nicht Original.




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